TOWER MOUNTAIN - von Damals bis Heute

english
(Mausklick zum Vergrössern der Bilder) 
Vorwort
Leider existieren kaum historische Unterlagen, welche eine exakte Geschichtsschreibung ermöglichen. Der Red Rock Sentinel erscheint längst nicht mehr; nebst Bestattungsanzeigen und Gesellschaftsnachrichten fanden sich kaum Hinweise zur Entwicklung der Eisenbahn in jener Gegend. Daher mag der Wahrheitsgehalt mancher Ansichten der Autorin eher als Fiktion erscheinen. Immerhin, eine interessante Geschichte ist es immer Wert erzählt zu werden.
Diese grobe Darstellung zeigt die geographischen Zuordnungen der zu untersuchenden Bahnlinien. Die Red Rock Canyon Railroad besitzt zwar das gesamte Streckennetz, betreibt aber kein eigenes Rollmaterial. Die Benutzungsrechte werden an interessierte Betreiber geleast. Nanninga Creek (Naaan-in-ga) ist wirklich ein Ort im Nirgendwo, ohne attraktive Merkmale (ausser dem in der Ferne sichtbaren Tower Mountain), heute kaum noch bewohnt - bloss noch eine Verbindung zu den Linien der grossen Bahngesellschaften Nordamerikas. In der Blütezeit des Dampfzeitalters war Nanninga Creek Anlaufstelle für Bergbau, Goldsucherei und Holzschlag.
Ein Bahnbetriebswerk ist noch voll in Betrieb. Der grossartige Ringlokschuppen (mit einer noch funktionierenden Drehscheibe) wird gerade renoviert. Die RRCRR Historical Society versucht die Gegend zu beleben indem der Dampfbetrieb wieder aufgenommen werden soll. Zur zeit steht der einzige Oldtimer in Red Rock South - noch im Freien gelagert. Eine solches Unterfangen würde sicherlich dem Fremdenverkehr Schwung verleihen - Dampf in den Red Rocks.
Die ursprüngliche RRCRR Linie verlässt Nanninga Richtung Westen entlang einem mehrspurigen 'Yard', um sich dann südlich neben dem Tower Mountain durch den sog. ‚Gap’ hindurchzuzwängen, dann dem Fraser Creek folgend. Dieser führt zum südlichen Red Rock Canyon Gebiet mit seiner ehemals florierenden, nun stillgelegten, Kohle-Industrie. Diese Strecke windet sich Felsen des Fraser Creek Bergrückens entlang, musste oft erneuert werden und führt letztlich eben zu den südlichen Ausläufern der Red Rock Berge.
Eine Verbesserungsmöglichkeit ergab sich durch einen kostspieligen Tunnel durch den Fraser Creek Bergrücken. Dieser führt durch das Sedimentgestein hindurch, geographisch parallel zur kurvenreichen Strecke im Tal - und wurde sogar doppelspurig ausgeführt. Leider zeigte sich später allerdings, dass neuere Güterwagen der Luftfahrtindustrie zu breit waren für den südlichen Tunneleingang hier im Bild. Bis diese Steinschlag-Galerie umgebaut werden kann, müssen eben jene Wagen mit Ausnahmebreite weiterhin über die kurvenreiche Strecke durchs Tal geführt werden. Die hier gezeigten Geleise führen entweder östlich nach Nanninga, oder dann westlich neben dem Tower Mountain vorbei nach Red Rock Nord.
Viel früher, im letzten Jahrhundert wurde eine Entdeckung gemacht, welche in der fernen Zukunft die Grundlage zu einer neuen Strecke ins nördliche Red Rock Gebiet bilden würde. Dies aus reinem Zufall, und erst noch durch ausländische Pioniere.
Diese Erzsucher fanden am Abhang des Tower Mountains erfolgversprechende Spuren von Erbium, einer seltenen Erde. Die ersten Steine fanden sich in einem kleinen Erdrutsch, gerade neben der ursprünglichen Bahnlinie aus Nanninga kommend zum Fraser Creek. Bedauerlicherweise fanden sich jedoch alle Spuren ausschliesslich an der Westseite des Tower Mountains. Leider deshalb, da die Westseite damals schon viel besser durch eine Schienenverbindungen erschlossen war - vom Fraser Creek her bis nach Red Rock Nord. Allerdings war jene Linie gefährdet durch wiederholte Steinrutsche, bevor eine Sicherung und Ausbau auf Doppelspur erfolgte wie im heutigen Bild links gezeigt.
Das Ende des ersten Weltkriegs versprach einen baldigen Wirtschaftsaufschwung. Dieser Erbium Fund weckte die Aufmerksamkeit der Direktoren der kanadischen Hudson Bay Company. Um die Ausbeutung dieser seltenen Erde zu ermöglichen wurde rasch eine Tochterfirma gegründet, HBC of America Inc. Einer Krete entlang wurde von Nanninga her ein temporärer Schienenstrang bis zum Osthang des Tower Mountain verlegt. Dazu musste auch ein kurzer Tunnel durch eine merkwürdige Felsformation namens Devil's Nose getrieben werden. Deren Instabilität erforderte sogar eine Verstärkung der Tunneleingänge mittels Beton.
Was erst vielversprechend erschien, wurde wie so oft durch Unfälle etc. immer und immer wieder verzögert. Und schliesslich erreichte der endlich erzielte Ertrag bei weitem nicht die Erwartungen der Investoren. Der zweite Weltkrieg kündigte sich bereits an. Nachdem sich einige Co-Investoren zurückgezogen hatten, wurde die Ausbeutung beendet und die Förderstelle aufgegeben.
Die Hinterlassenschaft umfasste das Wegrecht von Nanninga her, den Tunnel durch die Devil's Nose, und die Kaverne im Tower Mountain. Eine Überprüfung nach dem zweiten Weltkrieg zeigte, dass die Investitionen für eine Wiederaufnahme der Ausbeutung sich niemals auszahlen würden. Erbium wurde nun anderenorts zu unschlagbar tiefen Preisen in den Handel gebracht. Das linke Bild zeigt die ursprüngliche Fundstelle, den kleinen, nun gesicherten Rutschhang nahe des Tower Mountain Gap, welche zu den Aktivitäten der kanadischen Hudson Bay Company führte.
Das Nachkriegs-Wirtschaftswachstum verdeutlichte die Notwendigkeit den Frachtverkehr zum nördlichen Red Rock Industriegebiet zu verbessern. Tatsächlich sahen einige Eisenbahngesellschaften einen wirtschaftlichen Vorteil bei einer Durchquerung des Tower Mountain - eine Reduktion der Reisestrecke nach Red Rock Nord um 80%. Das Management der Red Rock Railroad wurde angegangen und die notwendigen Finanzmittel durch private Investoren gesichert. Die alte Fundstelle wurde wiederbelebt, der Tower Mountain Tunnel in Rekordzeit errichtet - eine erhebliche Abkürzung gegenüber der kurvenreichen Strecke entlang dem Fraser Creek.
Heute erreichen sehr oft beladene Züge Red Rock Nord durch den neuen Tower Mountain Tunnel von Nanninga her kommend. Die leere Rückfahrt führt dann über die südliche Route über Red Rock Süd, dann entweder durch den Fraser Creek Tunnel oder aussen herum dem Creek entlang nach Nanninga und heimwärts. Kein Zufall, hier im Bild ist ein leerer Getreidezug der British Columbia Railway auf der Rückfahrt nach Kanada.
Die Autorin   Robyne Bea Schaerf

Während ihrer Jahre in Kanada, im Lehrkörper des Medizintechnik Programms am British Columbia Institute of Technology (BCIT) geschah es. Während der diversen Campingreisen packte sie die Faszination der Eisenbahnlinien in der Wildnis von Britisch Kolumbien. Durch den Beitritt zur Red Rock Canyon Rail Road Vereinigung als aktives Mitglied konnte dieses Interesse wieder aufleben - nun sogar als Historikerin.

RBS © 2014